Gerüsttreppen – Notwendig oder doch nur kostspielige Alternativlösung?


Von:  LIV Nordrhein - Gormanns / Schütz / 22.08.2023 / 16:02


Treppentürme als Zugänge für Fassadengerüste – Wie verbindlich sind die eigentlich?


Spätestens mit der Neufassung der TRBS 2121 Teil 1 aus dem Jahr 2019 ist klar, dass der Zugang auf ein Gerüst ergonomisch und sicher erfolgen soll. Die frühere Regelung zum Einsatz von Gerüsttreppen oder Treppentürmen ab einer Gerüsthöhe von 10 Meter wurde mit der Neufassung der TRBS auf 5 Meter reduziert. Somit ist der Zugang über innenliegende Leitern nur noch bis zu 5 m oder bei Arbeiten an Einfamilienhäusern (bis 7 Meter, gemessen von der Geländeoberfläche bis zur obersten bewohnbaren Geschossdecke) zulässig.

Leitern sind ansonsten nur noch zulässig, wenn Treppentürme aufgrund baulicher Gegebenheiten (Platzmangel oder statische Gegebenheiten) nicht eingesetzt werden können.

Gerüsttreppen markieren also den Stand der Technik aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht.

Wenn das alles so klar ist, weshalb bieten dann viele Gerüstbauer ihren Kunden, den Treppenturm nicht als Standardleistung an, sondern packen diesen vielfach in eine Eventualposition?

Dem Malerbetrieb als Besteller wird damit  suggeriert, er habe eine Wahl, die er nach dem Stand der Technik aber eigentlich nicht hat.

Die Bundesinnung der Gerüstbauer bewertet die Situation wie folgt:

Von den vertraglichen, zivilrechtlichen Verpflichtungen seien die Anforderungen des Arbeitsschutzrechts klar zu trennen.

Die vertragliche Leistungspflicht des Gerüstbauers ist es, eine mangelfreie Leistung zu erbringen. Mangelfrei ist die Leistung gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 VOB/B dann, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist und den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Haben die Vertragsparteien bezüglich der Gerüstzugänge nichts anderes vereinbart, hat der Gerüstersteller seine Leistungspflicht erfüllt, wenn er das Gerüst mit den gemäß Abschnitt 5.8.1 DIN EN 12811-1 (Arbeitsgerüste) ausreichenden innenliegenden Leitergängen ausgestattet hat.

Ziel der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen der TRBS 2121-1 sei es nicht, Leistungspflichten der Vertragsparteien untereinander zu begründen, sondern die den jeweiligen Arbeitgebern obliegenden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten bei der Verwendung von Gerüsten zu ermitteln.

Auch wenn nach den Vorschriften der TRBS 2121-1 im Einzelfall ein Treppenturm erforderlich ist, führe dies nicht automatisch zu einer Leistungspflicht des Gerüsterstellers gegenüber dem Gerüstnutzer/ Auftraggeber.

Denn zum einen liegt die Verantwortlichkeit, während des Gebrauchs des Gerüstes unter Umständen einen Treppenturm vorzuhalten, klar beim Gerüstnutzer.

Allein der Umstand, dass der Gerüstbauer derjenige ist, der das Gerüst errichtet und es somit in der Regel auch mit Leitergängen oder Treppentürmen ausstattet, führt nicht zu einer Verschiebung dieser Verantwortlichkeit und einer Pflicht zur Ausführung.

Zum anderen wäre die Annahme, dass die TRBS 2121-1 (auch) vertragliche Leistungspflichten begründe, nicht mit der oben beschriebenen Trennung zwischen Zivilrecht und Arbeitsschutzrecht vereinbar.

Zu guter Letzt würde diese Annahme auch der Einordnung von Treppentürmen als besondere Leistungen widersprechen, deren Beauftragung einer besonderen Erwähnung im Leistungsverzeichnis bedarf.

Aus den genannten Gründen haben die Anforderungen der TRBS 2121-1 auch grundsätzlich keine Auswirkungen auf die sog. Freigabe des Gerüstes.

Festzuhalten ist:

Der Gerüstzugang über Treppen ist unter arbeitsschutzrechtlichen Aspekten der Regelfall. Der Zugang über innenliegende Leitern ist nur in bestimmten Ausnahmefällen (siehe oben) zulässig.

Bietet der Gerüstbauer einen Treppenzugang trotzdem nur in einer Eventualposition an, bedeutet das für den Nutzer nicht, dass es in seinem Belieben steht, den Treppenturm zu beauftragen. Unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist er vielmehr gehalten, den Treppenturm für seine Mitarbeiter vorzuhalten. Er muss den Treppenturm also entweder direkt beim Gerüstbauer bestellen oder im Falle der Eventualposition nachträglich mit beauftragen. Was natürlich auch mit höheren Kosten verbunden ist.


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